Interview mit dem Österreicher des Jahres 2010, Stefan Pleger

Text: Philipp Pertl, Fotos: Kindern eine Chance

Was bedeutet es für dich Österreicher des Jahres zu sein?

Natürlich ist es Anerkennung der Arbeit, wobei es eigentlich eine Anerkennung für das ganze Team ist, das aus 12 Leuten besteht, die in Tirol leben und aktiv mitwirken.

Wie kommt man auf eine soziale Idee, wie „Kindern eine Chance“ zu gründen?

Stefan Pleger, Gabi ZillerIch war von jeher über die Pfadis hinaus sozial aktiv, Helfen mit Herz und Hand (Anmerkung: Helfen mit Herz und Hand ist das große Sozialprojekt der Pfadfinder und Pfadfinderinnen Österreichs, PPÖ) in Brasilien, das Rumänienprojekt der Pfadinder, später dann habe ich auch die Initiative „Ärzte ohne Grenzen“ kennengelernt und mitgeholfen, mit allen Vor- und Nachteilen. Ich wollte weg aus der Katastrophenhilfe, mir war es wichtig etwas Nachhaltiges aufzubauen, was man mitverfolgen kann. Bildung ist der Schlüssel dafür, Kinder müssen dazu aufgebaut werden.

Wie hast du deine Pfadfinderzeit erlebt?

Meine Pfadfindergruppe war neben der Familie das Prägendste für mich und von meinem Pfadfinderführer Bernhard Linhofer bin ich immer motiviert worden „aktiv zu sein“. Ich habe vieles gelernt, nicht zuletzt auch Dinge zu organisieren und mich für andere Menschen einzusetzen. Die Pfadilager waren, jedes einzelne für sich, einfach genial. Mein Woodbadgekurs (Anmerkung: Jugendleiter-Führungskräfteseminar der PPÖ – höchste Ausbildungsstufe) im Jahr 1994 war für meine Persönlichkeitsbildung sicherlich ein Highlight.

Vier von acht Schwerpunkten bei den Pfadfindern – Weltweite Verbundenheit, Bereitschaft zum Abenteuer des Lebens, Verantwortungsbewusstes Leben in der Gemeinschaft und Kritisches Auseinandersetzen mit sich selbst und der Umwelt – stecken in deinem Engagement, wie kann man das alles vereinen?

Stefan Pleger mit Kindern in UgandaMan könnte sogar noch den pfadfinderischen Schwerpunkt „Sucht den Weg zu Gott“ dazufügen, weil „man will ein sinnvolles Leben führen“. Die vier Punkte sind sicher drinnen, wenn wir im siebentreichsten Land der Welt von der Globalisierung profitieren, dann müssen wir auch die Verantwortung über die Grenzen hinaus wahrnehmen. Die Bereitschaft zum Abenteuer ist wichtig, jeder hat seine Fähigkeiten und sollte möglichst das Beste daraus machen. Bewusstwerden, was hat „mein Lebensstil“ mit der Situation auf der Welt zu tun. Inwieweit ist mein Konsumverhalten damit zusammenhängend, dass es anderen Menschen nicht so gut geht. Ich will mir eines Tages nicht von meinen Enkeln vorwerfen lassen, dass weltweit Kinder sterben und ich nichts dagegen unternommen habe.

Ist die Pfadfinderei ein Schlüssel für soziales Engagement?

Ich glaube, dass die Werte der Pfadfinderei, wenn man sie lebt, soziales Engagement voraussetzen.

Was können Wichtel/Wölflinge bis Ranger/Rover von dir lernen oder welche Botschaft kannst du ihnen geben?

Lasst euch nie entmutigen und jeder sollte das Bewusstsein haben, dass jeder einzelne etwas verändern kann. (Anmerkung: Wichtel/Wölflinge, Ranger/Rover sind Altersstufen bei den Pfadfindern)

Wie hat dein Umfeld auf die Nominierung und dann auf den Titel „Österreicher des Jahres 2010“ reagiert?

Kinder in UgandaWir waren über die Nominierung sehr erfreut und wir haben das schon als Anerkennung gewürdigt, die 10.000 Euro waren ein ziemlicher Schub.
Es kamen soviele SMS auf einmal und auf der Webseite und auf Facebook war soviel los, wie selten zuvor. Es sind schon viele Menschen dazugekommen, die uns jetzt unterstützen wollen. Man wird mit dem Titel nicht mehr als „Weltverbesserer“ gesehen, sondern es kommt zu einer Aufwertung.

Ist der Österreicher/die Österreicherin zu kritisch?

Viele neigen dazu zu sagen, dass man eh nichts ändern kann, wenn man so einen Titel bekommt, aber jetzt glauben die Leute mehr mit ihrer Unterstützung erreichen zu können.

Ist Facebook wichtig?

Sehr wichtig, denn 100 Prozent der Spenden werden in Uganda ausgegeben und mit Facebook können wir viele Menschen erreichen und darüber informieren. Mit Facebook können wir das Projekt bekannter machen, Fotos veröffentlichen und auch aktuelle Berichte der Öffentlichkeit zugänglich machen.

Wie hast du die beiden anderen Preisträger in deiner Kategorie, Ute Bock und Ben Jost, erlebt?

Die Ute Bock hat mich fasziniert in welcher Bescheidenheit sie aufgetreten ist. Ich finde es beeindruckend, was sie leistet. Ben Jost, dass ein Betroffener anderen Betroffenen Mut macht und das zu seiner Lebensaufgabe macht und nicht mit dem eigenen Schicksal hadert, das beeindruckt mich. Das Wichtigste ist, dass jeder einzelne von uns etwas bewegen kann – wir müssen nur die eigene Trägheit überwinden.

Word-Rap

Allzeit bereit – sich den Herausforderungen zu stellen
Hilfsbereit – sollte eine Selbstverständlichkeit sein
Pfadfinderhut – ich weiß nicht, wo meiner ist
Halstuch – habe ich eine ganze Sammlung von allen möglichen österreichischen Gruppenhalstüchern
Weltweite Verbundenheit – ein Schwerpunkt in unserer Zeit, der aktuell ist, wie noch nie
Kinder – bei ihnen muss man ansetzen, wenn man diese Welt verändern will
Eine Chance – sollte man versuchen immer zu nutzen
Pfadfinderfreunde – habe ich nach wie vor sehr viele

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